Nicht nur in meiner therapeutischen Arbeit, sondern vor
allem auch in meinem Alltag werde ich immer wieder mit der Frage
konfrontiert, was denn eigentlich perfekt ist. Gerade gestern sah ich
meine Lieblingssendung 37grad auf zdf mit dem Thema „Schönheits OP mit
14?“ – ein Spiegel unserer Zeit.
Einem Mädchen wurde dabei die Nase
operiert – sie sah anschließend gleich aus, wie ihre ebenfalls
nasenoperierte Schwester und wunderte sich anschließend darüber.
Jedem
sei überlassen, wie er mit seinem Körper umgeht – jedoch frag ich mich,
wo die Individualität des Gesichts bleibt, wenn frau kurzerhand ja auch
alles operieren lassen kann.
Was ist die Frau noch, neben ihrer vielleicht unperfekten Nase?
In
meinen Workshops „Spieglein, Spieglein“ und auch in meinen
Therapiestunden stelle ich den Mädchen oft die Frage, woran sie merken
würden, dass sie zufrieden mit ihrem Körper sind.
Viele antworten
darauf dann, dass sie keinen Bauch, keine Oberschenkel etc. mehr hätten.
Ich wache also auf und stelle fest, dass ich perfekt bin? Heisst das
aber dann auch gleichzeitig, dass ich zufrieden mit mir bin? Perfektion
ist verführerisch, weil sie in sich nie perfekt ist, sondern immer nach
Höherem, Besserem eben Perfekterem strebt.
Wer zwanghafte
Perfektion nicht in seinem Körper, sondern in seinen Leistungen sucht,
ist ebenfalls ständig getrieben und niemals mit sich und seinen
Leistungen zufrieden. Das wurde mir dieses Wochenende in einem Kochkurs
bewusst. Ich lebe – leider auch zum Leidwesen meiner Lieben – oft nach
dem Motto „Lebe lieber umperfekt“, was so manchen unnötigen Stress und
Schusseleien nach sich zieht. Auch nicht immer so locker flockig, wie es
vielleicht nach aussen wirkt. Aber ich versuche es in einem
erträglichen Maß zu halten und mach mich nicht selber kaputt, indem
nicht immer alles piccobello sein muss – auch nicht der Zopf.
Perfektion ist also nie erreicht und damit die eigene „Selbst“optimierung auch nicht. Was bleibt dann? Wahrscheinlich nichts anderes als die offene Auseinandersetzung mit dem eigene äusseren und inneren Spiegelbild – und bestenfalls: Frieden schließen mit dem Spiegelbild, mit den eigenen Leistungen und vor allem mit sich selbst.
Dazu Oscar Wilde:
„Sich selbst zu lieben ist der Anfang einer lebenslangen Leidenschaft“.
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